Kunsthalle Appenzell
Mit der renovierten Appenzeller Ziegelhütte ist ein neuer Treffpunkt für die Kunst- und Musikfreunde entstanden. Die in ihrem Kern auf das 16. Jahrhundert zurückgehende Ziegelei wurde von 2001 bis zum Frühjahr 2003 vom St. Galler Architekturbüro Robert Bamert zum multifunktionalen Kulturzentrum umgebaut.
Drei Entwurfsthemen, Haus im Haus – Licht – Alt und Neu, waren wegleitend für den Umbau der Ziegelhütte in eine Kunsthalle.
Haus im Haus: Um zeitgemässe Bedingungen für Kunst-Ausstellungen zu schaffen, wurde ein präzis geschnittener Neubau aus Sichtbeton als "Haus im Haus" unter den Hauptfirst des Ziegeleigebäudes eingeschoben. Er bildet eine Brücke über den erhaltenen Ziegelbrennofen von 1566. Die beiden Grossvolumen des Ofens und des Neubaus treten im freigelegten grossen Innenraum in einen Dialog. Der Gegensatz von Hüttenwerk in Holz und dem Kunst-Kubus aus Beton ist räumlich erlebbar. Von aussen ablesbar ist der Eingriff durch das Dachoblicht auf dem Hauptfirst und die grosse Öffnung des Neubaus an der Eingangsfassade. Das "Haus im Haus" ist voll klimatisiert und entspricht damit modernsten klimatischen Bedingungen für ein vielseitiges Ausstellungsprogramm.
Der Brennofen bildet mit seiner neuen Eisenplattform das zentrale Objekt im hallenartig freigelegten Innenraum und wird zum originellen Konzertlokal und zum Schauplatz für Veranstaltungen aller Art.
Licht: Die Lichtführung ist ein elementares Thema für die Schaffung zeitgemässer Ausstellungsräume. Licht verleiht den Farben Leuchtkraft und den Kunstobjekten Kontur und Plastizität. Das natürliche Licht wird vom Dachoblicht entlang der Ausstellungswände durch zwei Geschosse hindurch bis zur grossräumigen Halle im Erdgeschoss geführt. Die grosse Öffnung im Erdgeschoss an der Ostseite wird als ebenerdige räumliche Verbindung mit dem Aussenraum ergänzt durch ein "Panorama-Fenster" im 2. Obergeschoss. Der Gegensatz von Natur und Kunst begleitet die Ausstellungsbesucher durch den dreigeschossigen Neubau.
Durch ein raffiniertes, höchsten technischen Standards genügendes Steuerungssytem wird das Tageslicht bei Bedarf durch Kunstlicht ergänzt. Die automatische Steuerung von Kunst- und Tageslicht kann so programmiert werden, dass die jeweilige Lichtintensität in den drei Geschossen Ausstellungen aller Art zulässt.
Alt und Neu: Das frühindustrielle Bauensemble, das nach dem System der Bricolage allmählich um den Brennofen von 1566 herum entstand, wurde samt den wichtigen Produktionseinrichtungen, wie Kollergang, Ziegelpresse, Paternoster-Aufzug und Brennofen erhalten und restauriert. Das Ziel, die natürliche Alterspatina des verwitterten Bretterschirmes, der Ziegeleindeckung des Daches, der Holzböden und des Gebälks beizubehalten, musste in grossen Teilen dem Wunsch nach Erneuerung geopfert werden. Am rohen Lärchenholzschirm der Aussenhaut wird die Witterung in wenigen Jahren die Alterspatina nachholen. Die Rauheit und das Elementare der früher verwendeten Baumaterialien wurde mit ungehobeltem Holz, Sichtbeton, Klinkersteinen und rohem Eisen beibehalten.
Der Eingangsbereich im Erdgeschoss wurde einheitlich umgestaltet und bietet dem Publikum nun die Annehmlichkeiten eines Museumsshops sowie moderner Garderobe- und Toilettenanlagen. Im Zwischengeschoss auf der Höhe der Brennofenplattform befindet sich die vielseitig nutzbare Cafeteria.


Architekten:
R. Bamert, dipl. Arch. ETH SIA BSA
Architekten AG, St. Gallen
Mitarbeiter:
Kurt Gschwend
Bauherrschaft:
Stiftung Museum Carl Liner Vater und Sohn