Dominik Stauch
Plunge when you win
Sonntag, 13. November 2005 - Sonntag, 08. Januar 2006
PLUNGE WHEN YOU WIN. Burroughs’ Ratschlag steht in grossen Lettern an der Wand des folgenden Raums (Raum 2), in dem sich alles um das Gewinnen dreht. Auf einem blauem Veloursteppich, Island Blue, mit geometrisch angeordneten kreisrunden Löchern ist ein Monitor mit dem Video
Cowboys & Indiansplatziert. Die konzentrisch pulsierenden Kreise, die sich aus der Tiefe oder in die Tiefe zu entwickeln scheinen, erzeugen zusammen mit den synthetisierten «Tabla»-Rhythmen eine suggestive Wirkung, wie eine bunt bewegte Zielscheibe, ein animiertes «Target».
Die Installation Waiting for the Blue Rider (Raum 3) hat mehreren Bedeutungsebenen. Der Titel zieht einen Faden von der kindlichen Lust an wilden Pferden und Kämpfen zur künstlerischen Bewegung des «Blauen Reiters». Der Film-Cowboy John Wayne scheint auf die «Blauen Reiter», den im Krieg verstorbenen Franz Marc, den Maler von blauen Pferden, und Wassily Kandinsky zu treffen.
Die abstrakten Künstler Wassily Kandinsky, František Kupka, Kasimir Malewitsch und Piet Mondrian sind die vier Adressaten von Dominik Stauchs vierteiligem Requiem (Raum 5), das aus drei vierstimmigen und einer zweistimmigen Komposition besteht. Bei den vier projizierten Requiems wurden die Bilder und der synchrone Ton der Syntheziser-Orgel nach dem Zufallsprinzip (I-Ging) programmiert. Das heisst, zur Bestimmung von Farben, Tonhöhen, x- und y-Achsen der Platzierungen der Farbfelder sowie Pausen- und Tonlängen hat der Künstler Münzen geworfen.
Nach wie vor versteht sich Dominik Stauch als Maler, auch wenn er in synästhetischer Weise so viele verschiedene Medien vereint. Die zweidimensionalen Bildformate von Studies for a Naked City (Raum 6 +7) öffnen sich weiteren Dimensionen und machen die Betrachter zum Bestandteil des Kunstwerks. Die Malerei auf Glasplatten basiert auf «Stills» seiner Computerexperimente mit Farb- und Raum-kompositionen. In der Ausstellungssituation kommt der Faktor der natürlichen Umgebung hinzu, der Lichteinfall, das Spiel mit dem architektonischen Raum, der in der Spiegelung gleichzeitig zum Innen-raum des Bildes wird. Als Malerei bezeichnet der Künstler auch seine bewegten Bilder, wie etwa die Monitorarbeit Great Plains (Raum 6). Im Gegensatz zu Fall Back (Raum 1) handelt es sich hier nicht um ein «Einkreisen», sondern um eine im Objekt selbst stattfindende Bewegung. Aus der Verschränkung von Himmelblau mit Sandfarben oder Violett mit Grasgrün und einer fast unerträglich langsamen Gitar-renbegleitung formieren sich Fata-Morgana-ähnliche Bilder, die sich immer wieder auflösen.
Die Schrift FOLD WHEN YOU LOSE (Raum8) prangt an der Wand, darunter liegt wieder ein durch-löcherter, grüner Teppich, Island Green, und noch einmal ein «Target»-Video, das als einfarbige Kreisanimation daherkommt. Der Soundtrack beschränkt sich auf ein hartes schnelles Schlagzeug-stakkato ohne Melodie, einer verfremdeten Version des Love Songs Radar Love von Golden Earrings.
In der Holzskulptur Big Boogie (Raum 9) verarbeitet Dominik Stauch die musikalischen Prinzipien des Boogie Woogie und die Gitterstruktur des bekannten Bildes Broadway Boogie Woogie von Piet Mondrian in einer dreidimensionalen Holzskulptur. Mondrian wollte in seinem Bild, das als abstrahierte Form des Strassenrasters von New York gelesen werden kann, die rastlose Mobilität der Grossstadt darstellen. Die skulpturale Umsetzung mit der lasierten Oberfläche erinnert in ihrer Formation an die klassische, serielle Reihungsweise minimalistischer Plastiken
Die Wandschrift RUB OUT THE WORD (Raum 10) beendet den Parcours. Sollen wir all diese Wor-te aus dem Gedächtnis löschen, diese Geschichten von Verrücktheit, Liebe, Kampf und Tod, die mit der Kunst verbunden sind? Was zum Schluss bleibt, ist eine mechanisch klingende Computerstimme, die im Video Made to Measure die Fibonacci-Zahlen aufzählt, eine Formel für das Wachstumsprinzip, die auch die Grundlage für Stauchs Inkjet-Prints von Fibonacci’s Racing Team (Raum 3 + 4) bildet.
Im Foyer zur Ausstellung steht für die Besucher eine Computer-Workstation bereit mit dem interak-tiven Netzprojekt www.colouritbeautiful.net von Dominik Stauch. BE/TS
Nach der Eröffnung der Ausstellung erscheint das Katalogbuch DOMINIK STAUCH. PLUNGE WHEN YOU WIN, Hrsg. Toni Stooss/ Museum Liner Appenzell, mit Texten von Beate Engel (Leiterin Stadtgalerie und PROGR-Zentrum für Kulturproduktion, Bern) und Toni Stooss, einer Bio/Bibliographie von Dominik Stauch sowie Aufnahmen der für das Museum Liner entstandenen Installationen. Hardcover, Format: 23,5 x 16,7 cm, 80 Seiten, deutsch/englisch. Es gibt einen Rundgang durch die Ausstellungsräume wieder und enthält eine Audio-CD mit dem Soundtrack zur Ausstellung. Es ist in den Museumsshops der Stiftung Liner für CHF 5.- erhältlich. Zum Shop
Dominik Stauch und das Museum Liner Appenzell bedanken sich für die freundliche Unterstützung.
Werkbeiträge: Amt für Kultur des Kantons Bern, Kulturabteilung der Stadt Thun.
Ausstellung:Bundesamt für Kultur, Epson Deutschland GmbH, Tisca Tiara Stiftung,
Faglas AG, Steffisburg
Katalog:Kulturabteilung der Stadt Thun, Galerie Bernhard Bischoff & Partner/ Bern, Vetter Druck AG, Thun.