Margret Eicher

Radikal Konstruktiv

Sonntag, 02. Dezember 2007
- Sonntag, 02. März 2008

Kunsthalle Appenzell

In Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Kunstverein zeigt die Kunsthalle Ziegelhütte eine Aus-stellung der deutschen Künstlerin Margret Eicher (*1955). Zur Kooperation der beiden Institute kam es, da der Mannheimer Kunstverein seit vielen Jahren in pointierten Ausstellungen das Thema medial reproduzierter und veränderter (Ab-) Bildmacht präsentiert und untersucht, wobei als ge-meinsamer Nenner der dort vorgestellten Kunst gelten kann, dass das Scheinbild der Wirklichkeit in den künstlerischen Arbeiten glücklicherweise nicht einfach verdoppelt wird, sondern ironisch und handfest gebrochen wird.


In Appenzell wiederum hat man es mit einer besonderen Bildermacht zu tun – jener der seit Jahr-hunderten überlieferten bäuerlichen oder religiösen Malerei und der dekorativ-ornamentalen Ge-staltung des Alltags: eine bemerkenswert authentische Bilderwelt, welche die Abbildungsflut der modernen Zeiten per se als flüchtig beziehungsweise „unecht“ wirken läßt. In der Kunsthalle Zie-gelhütte, neben dem Museum Liner das zweite Appenzeller Haus der Liner Stiftung, wird das Authentische in der Kunst vorgestellt – in gewissem Sinne als Entsprechung zur Ursprünglichkeit des frühindustriellen Gebäudekomplexes. Eichers Arbeiten wirken hier wie ein liebevoll-ironischer Kommentar zum Ethos der Handwerklichkeit und der Wahrheit der Bilder.


Die Ausstellung Margret Eicher – Radikal Konstruktiv gibt einen Überblick zum Werk Eichers der letzten zehn Jahre. Im Zentrum stehen die grossen Wandteppiche und die jüngsten Gemälde und Aquarelle, die allesamt nach digitalen Vorlagen der Künstlerin von Webereien beziehungsweise Print-Anstalten hergestellt werden. Margret Eicher nutzt die „traditionellen“ Bildmedien, um in der mimetischen Darstellung komplexe Untersuchungen zu den Bedingungen und Wirkungen unserer Wahrnehmung zu formulieren. Dabei bezieht sie sich sowohl auf erkenntnistheoretische Denk-schulen wie den „Radikalen Konstruktivismus“, dessen zentrale These ist, dass ausserhalb des Sub-jekts keine Realität existiert, wie auch auf das Credo der modernen Kunst, dass mit dem künstleri-schen Werk ein autonomer Erkenntnisbereich erschaffen wird, der Realität zwar reflektieren kann, diese aber im Wesen erst erzeugt.


Margret Eicher arbeitet in der Erstellung ihrer Bilderwelten mit seriellen, ornamentalen und redun-danten Mustern, wobei sowohl reine Formen wie auch vorgegebene Images, vorgefundene Motive, die Mythen der Moderne verwendet werden. Diese setzt sie in einen neuen Bezugsrahmen, kom-biniert sie miteinander oder lässt sie durch bildnerische Isolation sprechend werden.


Die insgesamt 40 Tapisserien, Copy-Collagen, Gemälde und Aquarelle der Ausstellung zeigen und kritisieren die Auswirkungen der Bilderflut auf die Wahrnehmung. Dabei sind die Werke im ersten Augenschein affirmativ; für den zweiten Blick wird die Frage zentral.t wird, wo die Wirklichkeit aufhört, wo der virtuelle Raum beginnt. In den Bildkombinationen Eichers, die zwischen Verzückung und Abschreckung schweben, thematisiert und kritisiert die Künstlerin dabei die Verlockungen der Scheinwelten seien sie ästhetischer oder gar politischer Natur.
 

Zur Ausstellung ist im Wunderhorn Verlag/Heidelberg eine Begleitpublikation erschienen: Margret Eicher – radically constructive, 80 Seiten, 50 Farbabbildungen, Texte von Martin Stather und Roland Scotti, 28.- CHF. Zum Shop

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